Entwicklung des sensomotorischen Musizierens

Sensomotorik betrifft alle Vorgänge, bei denen Sinnesorgane und Muskeln zusammenwirken, um Wahrnehmungseindrücke mit entsprechenden motorischen Handlungen zu verbinden (siehe dazu auch: Angelika Kölsch, Walter Alfred Siebel “Noologische Sprechstörungsdiagnostik” in interdis 2010

Bereits im Mutterleib ertastet, hört, sieht und stimuliert sich das Kind durch Außen- und Innenreize (Speicherung im physiologischen Gedächtnis). Siehe dazu das Thema Ohr.

Das erste Musizieren des Kindes befasst sich mit der Erforschung und dem Experimentieren der eigenen Stimme und dem Umgang der auf es eindringenden Stimmen (und Stimmungen!)

Siehe dazu: “Effekte der mütterlichen Prosodie für die Sprachentwicklung?
Konsequenzen für die Diagnostik und Beratung”, Angelika Kölsch, Walter Alfred Siebel (in “interdis 2007”; Zusammenfassung HIER).

Alle Sinnesorgane arbeiten hochaktiv und die Verknüpfung und Differenzierung von Wahrnehmungserfahrungen führen im Gehirn zu neuronalen Verbindungen, deren Weiterentwicklung ein Effekt von Effekten ist. Kinder beziehen ihre Umgebung (Eltern oder Bezugspersonen) aktiv in ihr Tun ein und antworten auf die Impulse und Antworten in ihrer Umgebung. Deshalb kann es geschehen, dass Kinder eher die Außeneindrücke reproduzieren und dabei eigene Impulse unterdrücken lernen (siehe Hinweise hier unten).

In Lauten teilt sich das Kind von Anfang an musikalisch mit und erprobt damit seine Lautgebungen, um darauf aufbauend dann auch die Mutter-Sprache zu lernen.

Die Hand wird Werkzeug des Denkens, das Kind beginnt zu be-greifen, welche Geräusche (Töne) welcher Gegenstand erzeugt.

Die Kommunikationsfähigkeit des Kindes wird durch die Bezugspersonen geprägt: Durch Ansprache, Zuwendung, Versorgung usw. lernt das Kind zu unterscheiden (Mimik, Gestik, Atmosphäre des Gegenübers) und sich über Versuch und Irrtum zu orientieren.

Das Kind lernt Reaktionen auf sprachliche wie auch musikalische Äußerungen (z. B. Lieder), Stimmungen, Mimik und Gestik der Eltern und teilt sich entsprechend mit.

Das Kind teilt seine Bedürfnisse, Stimmungen unmittelbar mit und auch unabhängig von den Eltern (Bezugspersonen). Es strampelt, greift nach angebotenen Gegenständen oder sucht sich diese selbst - eben auch um deren Geräusche (Töne) zu erfahren.

Teilnehmen heißt Teilgeben und Teilhaben

Fingerspiele mit Klangkörpern, Singspiele, Tänze sind Formen der Kommunikation, auf die weitere musikalische Entwicklungsprozesse des Kindes aufbauen.

Selbstachtung, Selbstkontrolle und Selbstvertrauen entwickeln sich in dem Bewusstsein, dass der Körper als ein zuverlässiges, sensomotorisches Gebilde existiert, und rühren von einer guten Integration des Nervensystems her. (bereits J.Ayres,1984)

Motorik, Musikalität und Sprache bauen aufeinander auf und differenzieren sich wechselseitig.

Da wundern wir uns nicht, dass bei der Komplexität und Mehrdimensionalität der Wahrnehmungsverarbeitung und Entwicklungsprozesse im ersten Lebensjahr fundamentale Erfahrungsschätze angeeignet werden, die grundlegenden Einfluss auf die weitere Entwicklung des Kindes haben.

Gefährdungen

Bei ungünstigen Voraussetzungen finden wir aus dieser Zeit bereits Hinweise für spätere Entwicklungsstörungen, die sich auf eine mangelnde Wahrnehmungsverarbeitung, Körperkoordination, Körperwahrnehmung, Sprachentwicklung, wie die Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit des Kindes auswirken.

Mangelnde Kommunikation und Zuwendung, Lieblosigkeit, Desinteresse, fehlende Entwicklungsimpulse, reizarme oder reizüberflutende Umgangsformen, Gewaltatmosphären oder Ausübung von aktiver Gewalt usw. wirken sich zentral auf die Motivation des Kindes zur Weiterentwicklung in Richtung Selbständigkeit aus.

Weitere Entwicklungsschritte können dadurch gehemmt oder blockiert werden, was an den Folgen erkennbar wird.

Siehe die Thematik der traumatisierenden Erfahrungen hier in:

Deutungssysteme

Wahrnehmung und Apperzeption

Nooanalyse